158 Johann Friedrich Jacob Erythropel,
Regimentschirurgus,
* Völksen/Deister 12.05.1742,
+ 14.01.1821 in Basbeck „an Lungenschlag in einem Alter von 78 Jahren, 8 Monaten und zwei Tagen“
begr. 20.01.1821 in Basbeck „ganz still“ Elfers, Franz; Regimentschirurgus Johann Friedrich Erythropel, der erste Arzt in Basbeck;
in: Zwischen Elber und Weser 9/1935 „Ich bin geboren den 12. Mai 1742 zu Völksen im Amte Springe, einem Dorfe ohneweit der Landstraße zwischen Hannover und Hameln. Mein Vater August Christian Erythropel war daselbst Prediger und der Sohn und Adjunkt eines ehemaligen Prediger zum Schatzfeld am Harz, von daraus er nach Völksen versetzt wurde. Seine erste Frau war eine geborene Jorns aus Goslar und die 2., meine Mutter, Lucia Catharina Oelffen, des Pastoren primarius Friedrich Oelffen zu Herzberg Tochter. Dieser war im damaligen gegen die Türken geführten Kriege als Beichtvater bei zwei hannoverschen Prinzen angestellt und bekam bei seiner Zurückkunft die erste Pfarre zum Herzberg am Harz. Dessen Ehefraus Herkunft ist nur ungewiß; ich glaube, sie war eine geborene Hantelmann, eine Beamtentochter aus Braunschweig. Mein Vater starb im 63. Jahr seines Lebens, als ich 13 Jahre alt war. Bis zum 12. Jahre war ich im väterlichen Hause und kam dann nach Benningsen, eine Stunde von Völksen entfernt, zu dem damaligen Pastor Holscher zum Unterricht in Religion und Sprachen. In diesem Hause lernte ich unter der Anleitung der 3 nacheinander folgenden Söhne Conrad, Georg und Franz und im angenehmen Umgang mit der Familie viel. Zwei Junker von Lathusen und Wedding waren meine Gespiele und Mitschüler. Meine Mutter war Witwe geworden. Zum ferneren Schul- und Universitätsstudium waren keine hinlänglichen Mittel vorhanden. Zum Theologen und Juristen glaubte man, daß ich wegen meines angeborenen Sprachfehlers nicht geeignet sei. Ich sollte ein Kaufmann werden und kam nun zum Unterricht im Rechnen und Schreiben nach Eldagsen, einem kleinen Städtchen im Calenberg’schen, in die Schule. Meine Mutter lebte in Völksen kümmerlich von ihrem Witwengehalt; die noch vorhandenen Kapitalien standen fest. Auf Anraten guter Freunde wurde ich zu dem damaligen Regimentschirurgus Schorren beim Postischen(?) Infanterieregiment zu Hameln in meinem 15. Lebensjahre in die Lehre gesandt. Vertragsmäßig mußte an ihn 180 Thaler Lehrgeld, 10 Thaler Ein- und Ausschreibegeld und ein Bett erlegt werden. Das Bett habe ich nur ein halbes Jahr benutzt, und da der 7jährige Krieg im Jahr 1756 ausbrach, mußte ich mit meinem Lehrherrn 1757 zu Felde ziehen. Ich mußte ihm die Stiefel putzen, für ihn kochen und beim Knechte im Zelte auf Stroh schlafen; auch hatte ich öfters handwerksmäßige Behandlung zu erdulden, so, daß ich einmal dachte, lieber als gemeiner Soldat dienen zu wollen, weil ich sah, daß diese besser behandelt wurden. Nach verlorener Schlacht bei Hastenbeck 1757 wurde Herr Schorre ins Hospital zu Hameln kommandiert, um dort die Verwundeten zu behandeln; ich mußte unter seiner Anleitung helfen. Wie meine 3 Lehrjahre vollendet waren, würdigte mich mein Herr Schorre im Winterquartier zu Bentheim im Jahre 1759 als Kompagnie-Chirurgus beim damaligen Regiment von Post anzustellen. Der Degen, den er mir damals schenkte, machte alles wieder gut, und der Knecht Johann mußte meine Kämmerdienste übernehmen. Nun ging es bei Emmerich über den Rhein. Der Kompagnie-Chirurgus mußte aber damals nicht allein seinen kleinen Tornister mit Verbandszeug und einigen Bandagen tragen, sondern auch die Zeltstangen, Zeltpflöcke, Wasserflasche, Kaffeetopf, Brot und Butter tragen und mit 6 Taler nach damaliger Münze zufrieden sein. Das Brot und Essen konnte man in natura nehmen oder sich mit 4 Talern monatlich bezahlen oder gutschreiben lassen. Nach der gewonnenen Schlacht bei Crefeld 1758 ging es Holter di Polter über den Rhein zurück ins Lager Logfeld und zuletzt bei Ruhne an der Diemel. Ich wurde damals ruhrkrank und nahm 1760 Abschied vom Regiment und wurde auf Empfehlung vom Oberhospital-chirurgus Evers bei dem 2. Bataillon der Fußgarde als Kompagniechirurgus angestellt. Das Garde-Bataillon lag damals nach dem Gefecht von Hedemünde zu Wolfshausen unweit Uslar in Quatier. Mein damaliger Regimentschirurgus hieß Volprecht; er war ein geschickter, gelehrter und guter Mann, von dem ich sehr wohl aufgenommen und begegnet wurde; auch viel unter seiner Anleitung gelernt habe. Wir kamen bei dem Frieden nach Hannover zurück; wurden da aber sehr kalt aufgenommen und beherbergt. Unter seiner Begünstigung erhielt ich damals 1768 vom seligen Feldmarschall von Spörken die Erlaubnis, nach Berlin zu reisen; mußte aber meine halbe Monatsgage von 3 Talern für den Dienst stehen lassen. Dazu hatte ich noch 200 Taler vom väterlichen Nachlaß, mußte mich also in Berlin kümmerlich durchhelfen, und wenn meine damalige Braut Elisabeth Adam mich nicht etwas unterstützt hätte, wäre ich zu kurz gekommen. Mein Degen und meine Uhr mußten auch versetzt werden. Später erhielt ich das Engelbrecht Erythropelsches Stipendium 3 Jahre nacheinander jährlich 60 Taler und konnte mich also durchhelfen und Uhr und Degen wieder einlösen. Meine damaligen Lehrer in Berlin waren: Meckel, Walter, Gleditsch, Sprägel und Bergrat Gerhardt. Von allen erhielt ich sehr gute Testimonien (Zeugnisse), womit ich 1770 im Frühjahre nach Hannover zurückreiste. Bei meiner Zurückkunft in Hannover ward mir eine Schwadron-Chirurgusstelle beim damaligen Wodenberg’schen Regimente (nachher 3. Kavallerie-Regiment) angeboten. Ich mochte gerne reiten und nahm die Stelle an. Ich verbesserte mich auch, sowohl in Ansehung der Gage, als auch eines nicht so sehr eingeschränkten Infanteriedienstes, so auch in der Folge einer gesegneten Nebenpraxis, die in Hannover sehr schlecht war, wo ich oft das Mittagsmahl in der „Garküche“ mit einem Spaziergang auf dem Wall austauschen und mit ein bißchen Kommißbrot aus der Tasche fürlieb nehmen mußte. Ein guter Mut und Hoffnung auf bessere Zeiten verließen mich im Vertrauen auf Gott nie. Ich nutzte alle Gelegenheiten aus, mich in meinem Fach zu üben. Als ich im Jahr 1770 nach herzlichem Abschied von meiner Braut und Freunden auf eine Weise Abschied genommen hatte, ritt ich als wohlgestellter Escadron-Chirurgus auf einem mir geschenkten 11jährigen Gaul a la Douenthof samt meinem kleinen Mantelsack ab und dünkte mich viel auf meine Figur als Kavallerist. Ich kam am 18. Juli 1770 hier in Basbeck an. Mein Quatier war bei einem alten Pensionsreiter Hans Hinrich Vars. Ich lebte daselbst ein Jahr lang bei ihm wohlfeil und bequem. Da ich aber im Winter des bösen Marschweges halber mit meinem alten Bucephalus nicht ohne Lebensgefahr für uns beide zu unserem Sandhügel, woselbst im hiesigen Posthause des Abends noch eine angenehme Konversation war, gelangen konnte, so zog ich zu meinem unvergeßlichen Freunde, dem hiesigen Küster Umland, welcher damals Witwer war, herauf, und wir lebten ein Jahr lang a la fortune du pot unter Begünstigung unserer alten guten Nachbarin Schlichting ganz confortable. Bald ließen wir uns die „Klüntjen“ ins Haus bringen, bald speisten wir zum Spaß an ihrem Tisch. Es schmeckte uns immer gut, und wir lebten vergnügt. Als ich nach Verlauf eines Jahres merkte, daß ich eine Frau ernähren konnte, reiste ich nach erhaltenem consens vom Regiment nach Hannover, meine Verlobte, geliebte Elisabeth, geborene Adam abzuholen. Die Mutter, die Witwe Adam, war eine geborene Pourrid, aus einer Familie der französischen Refuslers. Meine Elisabeth war damals bei einigen angesehenen Familien in Hannover als Francoise in Condition gewesen. Ihre Brüder Etienne, der Uhrmacher, Louis, der Juwelier, Claude, der Knopfmacher und Jaques, der Handschuhmacher, haben seit mehreren Jahren nichts von sich hören lassen. Letzterer soll noch in Hannover leben. Ihre Schwester Antoinette, ein bildschönes Mädchen, ist nachher an einen Pastor Zumbergen zu Jemke im Amte Gifhorn verheiratet und gestorben. Meine Braut ward mir 1773 in Hannover vom damaligen reformierten Prediger Monsieur Arman in der mütterlichen Wohnung in des Herrn Klempner Just Hause in der Krämerstraße angetraut. Eine Gesellschaft von Freunden wohnte dieser vergnügten Feier bei. Meine alten Feldkameraden, die Hautboisten von der Fußgarde, brachten uns eine Nachtmusik. In Summa: wir lebten den Abend ganz vergnügt. Meine alte Schwiegermutter, die Witwe Adam, eine würdige Mutter, ließ nichts fehlen, ob sie gleich nicht viel zuzusetzen hatte. Wir reisten bald nach vollzogener Verbindung von Hannover nach Basbeck zurück und stiegen ermüdet bei meinem Freunde Umland ab, wo denn alles zu unserem Empfang bereit war. Ein Pfannkuchen oder Rührei war unsere erste Mahlzeit, und unsere gute damalige Magd Metta, jetzt noch lebende Witwe Hagenah, die vorzügliche Verdienste wegen Pflege meines Sohnes Friedrich hat, dazu beitrug. Nach Belohnung des Fuhrmanns, blieb nicht mehr als 4 Mark übrig, wofür ein Ferkel ge-kauft wurde; eine kleine Kuh war bereits angekauft; das war mit Ausnahme einiger Mobilien, die meine Frau mitbrachte, unsere Anlage zur Ansiedlung in Basbeck. Konnte ich es damals denken, daß ich soviel verdienen konnte, eine Frau zu ernähren, die mir 11 Kinder geboren! Alle Namen sind in meiner Bibel verzeichnet, 6 sind noch am Leben und nach meinem Vermögen auf die Zukunft versorgt. Nachdem ich in Basbeck wegen einer so fruchtbaren Ehe Freund Umlands Haus, wo mein ältester Sohn Heinrich Philipp geboren ward, verlassen und nach und nach anderswo an diesem Sandhügel alle 3 bis 4 Jahre meinen Wohnplatz verän-dern mußte, kaufte ich meinen jetzigen Wohnplatz an der Sandkuhle ohnweit der Kirche, auf Anraten meines verewigten Freundes, des seligen Pastor Stahl. Dieser angenehme Wohnsitz auf von Bremer’schen Grunde, den ich jetzt rechtlich besitze, hat mir zwar zur neuen Einrichtung viel gekostet, aber ich wohne hier seit einigen 20 Jahren unter einer kleinen Enoiron von Holz und Busch am Abhange eines Sandhügels, und isoliert recht wohl und vergnügt, zumal, da ich seit den ersten zwei Jahren meiner Herkunft in Basbek noch bis jetzt einer segensvollen Praxis und eines unerwarteten Zutrauens aus allen umlie-genden Gegenden mich erfreuen kann. Die ehrenvolle Bekanntschaft mit Herrn Pastor Stahl und Herrn von Bremer und dessen Familien in Lamstedt und Osten, Herrn Hauptmann von der Decken in Klint verschafften mir viel Zutrauen in hiesiger Gegend, wozu auch der Kavalleriedienst gelegentlich viel beitrug. Allerorten, wo damals meine Eskadron und das Regiment lag, fand ich damals Zutrauen. Herr „Trupel“ war in der ganzen Gegend bekannt, und Gott hat bis hierher meine Bemüh-ungen und unermüdlichen Fleiß gesegnet. Etwa im Jahre 1779 bekam ich nach abgelegtem Examen in Hannover den Charakter als Regimentschirurgus beim damaligen 3. Kavallerie-Regiment von Bremer angestellt. Ich diente mit Lust und allgemeinem Beifall meiner Vorge-setzten des Regiments und so auch dem Publico. Als das 3. Kavallerieregiment unter Kom-mando Herrn Generalleutnant v. Hammerstein nach Hannover im Jahre .... marschieren und sich zum Feldzug bereit halten mußte, ich 34 Jahre alt gedient hatte und wegen eines Hüftwehs mir nicht getraute, die Fatignen einer Campagne auszuhalten, bat ich um meine Dienstentlassung, welche mir auch mit Beilegung einer Pension von monatlich 6 Rth. bewilligt wurde. Ich reiste also als Pensionär nach meinem lieben Basbeck zurück, woselbst man vermittels einer Zusammenkunft angesehener Freunde in hiesiger Gegend mir ein bestimmtes Jahrgeld auf meine Lebenszeit kontraktmäßig zusicherte, welches aber jetzt nicht aller Orten hier prompt einläuft; indessen habe ich große Ursache, meinem Publico für das mir noch jetzt erwiesene Zutrauen und geäußerten Wohlwollen, meinen innigsten Dank abzustatten, insbesondere den Einwohnern der Börde Lamstedt, Hechthausen, Osten, Landes Kedingen und Hadeln und der umliegenden Gegend, hohen und niederen Standes. Ihre Beweise blieben mir unvergeßlich und ich nehme sie mit ins Grab. Auch wünsche ich, daß der eine oder andere von meinen Kindern nach meinem Tode diese meiner dankbaren Gesinnungen bekannt machen möge. Ich weiß gewiß, daß es viele von meinen Freunden gerne lesen. Mit allen meinen benachbarten Kollegen habe ich meinerseits in Frieden und Freundschaft gelebt und alle Disputationen und Zankereien vermieden, die so oft beim Krankenbett entstehen können. Meine liebe Elisabeth, noch jetzt nach ihrem Tode verehrte Frau, starb im Jahre 1812, den 30 März, nach einer lang gedauerten Brustkrankheit und brandigem Geschwür am linken Unterschenkel, entkräftet am 2. Ostertage in der Nacht im 68. Jahr ihres Alters und 40. Jahr unserer Ehe. Mühsam, doch glücklich lebten wir! Nun liebe Kinder, möchte ich noch hinzufügen: 1. den Dank für eure liebreiche Pflege und Sorgfalt, die Ihr mir erwiesen habt; 2. daß Ihr Euch über die in meinem an Herrn Gerichtsverwalter Donner in Neuhaus übergebenen Testamentpunkte vergleicht und friedlich zu Werke geht; 3. daß Ihr mich recht und schlecht nach hiesigem Gebrauch beerdigt und in der Nähe Eurer seligen Mutter einscharrt. Kann es sein, so möchte ich wohl meinen jetzigen getreuen Knecht Jakob, sowie auch seinen Bruder Konrad Cornelsen zum Träger, und Begleiter auch unsere Dorothea Meyer nebst unseren guten Nachbarn haben. Macht alles sehr gut, wie Ihr könnt und es Euch schicklich dünkt, jedoch ohne unnützen Aufwand zu machen; 4. Ehret Gott und den König! Haltet fest an unserer vortrefflichsten Christusreligion! Lasset Euch nicht ab, sie zu studieren und von derselben durch andere sogenannte Lehrbücher abhalten und bis auf die letzten Tage Eures Lebens zu verschieben. Glücklich, ewig glücklich denke ich mich, wenn ich Euch alle Ihr Lieben, in jenem Leben wiedersehe! Geschrieben 1816. J. F. Erythropel Nachschrift!
Als Hinzufügung zu meinem beim von Bremer’schen Gericht niedergelegten Testament zu Neuhaus bei Herrn Gerichtsverwalter Dommer, wünsche ich auch, daß mein Sohn Friedrich, der Artillerie Capitän, nebst seinem Bruder August und Schwiegersohn Pastor Brüning, Anteil nehmen möge, und daß ihm auch für seine brüderliche Anteilnahme und Bemühungen eine brüderliche und schwesterliche Vergütung, wenn er es verlangt, zuteil kommen möge! Noch einmal: lebet alle wohl! Geschrieben im April 1817. J. F. Erythropel.“ oo 26.04.1772 in Hannover (franz.ref. Kirche) Marie Elisabeth Adams
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